Im Wandel
Ertragssteigerung auf der einen, Artensterben auf der anderen Seite. Die Diskussionen, die Ökonomen und Ökologen über die Qualität unserer Kulturlandschaft führen, sind in erster Linie zahlen- und faktenorientiert. Dabei außer Acht gelassen werden die Eigenschaften einer Landschaft, die über das Faktische hinausgehen – ihre sinnlichen Seiten. Diese sind zwar weder mess- noch zählbar, aber trotzdem vorhanden. Sie sind es, die uns auf der emotionalen Ebene ansprechen und sie sind es, die unsere Seele berühren. Doch gilt das auch für Monokulturen, also für Flächen, deren oberstes Ziel eine effiziente Bewirtschaftung ist, und die bis in den letzten Winkel durchstrukturiert sind?
Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage kann es nicht geben, dafür ist die Wahrnehmung eines jeden Einzelnen von uns zu unterschiedlich. Dennoch kann man davon ausgehen, dass Landschaften, in denen die Vielfalt der Natur und des Lebens erfahrbar werden, die Menschen mehr ansprechen als der Anblick monotoner Ackerflächen. Angesichts der nüchternen Zweckrationalität, die von diesen landwirtschaftlichen Kulturen ausgeht, schalten wir, bewusst oder unbewusst, unser ästhetisches Empfinden ab. Wir nehmen solche Landschaften sinnlich nicht mehr richtig war, sondern passieren sie nur noch.
Es hat den Anschein, als würde mit dem Verschwinden der Vielfalt in der Landschaft auch deren Seele verloren gehen. Dabei ist es unerheblich, ob man Seele im religiösen Sinne versteht oder in ihr das ästhetische Potential einer Landschaft sieht. Ein Gefühl des Verlustes stellt sich in beiden Fällen ein.
In ihrer gemeinsamen Installation aus transparenten Säulen und Fotografien versuchen Marlen Peix und Karin Pfab diesen Verlusten nachzuspüren. Die Aufnahmen von den großflächigen Monokulturen von Karin Pfab bilden dabei den Hintergrund für die Säulenkomposition von Marlen Peix.
Beide Komponenten symbolisieren jeweils für sich und in Ergänzung zueinander den Schwund an beseelten Landschaften. Die neblige Stimmung in den Fotografien nimmt den monotonen Flächen zwar etwas von ihrer Nüchternheit, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Kulturflächen nach streng rationalen Richtlinien ausgerichtet sind. Die dunstige Atmosphäre kann aber auch in transzendentaler Richtung interpretiert werden, wodurch sich unweigerlich Verbindungen zu metaphysischen Inhalten ergeben.
Ähnliches gilt für die Säulen von Marlen Peix. Auch sie wecken Assoziationen zur Metaphysik. Die papierenen Elemente im Inneren der Säulen können als Symbole für die aus der Landschaft entweichenden Seelen gesehen werden oder als Verlust ihres ästhetischen Potentials. Die Form der Säule wurde von Marlen Peix in Anlehnung an deren architektonischen Ursprung gewählt. Als Teil von Bauwerken steht sie für das Tragen einer gemeinsamen Verantwortung und für das Teilen einer verbindenden Idee.
Übertragen auf unseren Umgang mit Landschaften bedeutet dies, dass wir alle dafür verantwortlich sind, in welche Richtung sie sich entwickeln werden. Ein erster Schritt in diese Verantwortlichkeit ist die bewusste Wahrnehmung dessen, was jede Landschaft ausmacht und was wir im Begriff zu verlieren sind.
Künstler | Marlen Peix » |
Beginn | 13. März 2021 um 15:00 Uhr |
Ende | 11. April 2021 um 16:00 Uhr |
Ort | raumB1 Bahnhofplatz 1 86919 Utting |